Entlassungsgrund: Verraten eines Betriebsgeheimnisses

Ob der Entlassungsgrund des „Verratens eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses“ gegeben war, hatte das Oberlandesgericht (OLG) Wien in einem Fall zu entscheiden. Ein Mitarbeiter beschäftigte sich während der Nachtschicht wiederholt am PC mit der Suche nach Witzen, Videos und anderem. Ohne danach zu suchen, entdeckte er einen Zugang zum Server für die Lohnverrechnung und konnte die (ohne weitere Passworteingabe einsehbaren) Lohn- und Gehaltsdateien und damit sämtliche Bezüge der Mitarbeiter und Vorgesetzten einsehen. Der Arbeitnehmer meldete seine Entdeckung zwar nicht den Vorgesetzten, dafür zeigte er aber seinen Arbeitskollegen, wie sie ihrerseits Zugang zu den Dateien erhalten konnten. In der Folge kam es zu einer – zuerst für den Arbeitgeber unerklärbaren – Unruhe unter den Mitarbeitern und einer Häufung von Forderungen nach Lohnerhöhungen. Nachdem der Arbeitgeber von der Entdeckung der Zugangsdaten und deren Weitergabe an die Kollegen erfahren hatte, sprach er gegenüber dem „findigen“ Mitarbeiter die Entlassung aus.

Berechtigtes Interesse an Geheimhaltung

In seiner Entscheidung führte das OLG Wien aus, dass der Arbeitgeber grundsätzlich an der Geheimhaltung der Lohn- und Gehaltsdaten ein berechtigtes Interesse hat – soll doch einerseits die Gehaltspolitik nicht gegenüber Konkurrenten offen gelegt werden und andererseits Unruhe in der Belegschaft verhindert werden. Dass der Arbeitgeber dieses Geheimhaltungsinteresse hatte, musste für den Arbeitnehmer erkennbar sein, existierten doch im Betrieb „Richtlinien zu ethischem Verhalten“, in denen klargelegt wurde, dass im Unternehmen großer Wert auf den Schutz vertraulicher Informationen gelegt wird und in welchen die Geheimhaltungspflicht ausdrücklich auch gegenüber den Kollegen normiert wurde. 

Entlassung gerechtfertigt

Der Arbeitnehmer wendete im Verfahren ein, dass aus der Tatsache, dass der Arbeitgeber die Gehaltsdateien durch kein weiteres Passwort geschützt hatte, eine vermutete Einwilligung des Arbeitgebers abgeleitet werden könne. Doch dieses Argument ließ das OLG Wien genauso wenig gelten, wie jenes, dass nicht die Gehaltsdaten selbst, sondern lediglich der Zugang dazu weitergegeben wurde.

Das OLG Wien entschied daher, dass im gegenständlichen Fall die Entlassung aufgrund des Vorliegens eines entsprechenden Entlassungsgrundes gerechtfertigt war.