Die besagte Regelung ist in dieser Form auch im österreichischen Kapitalverkehrsteuergesetz enthalten. Seitens der Finanz wurde die Anwendbarkeit der Befreiung bislang aber stets verneint, wenn der andere Mitgliedsstaat von seinem Besteuerungsrecht nicht Gebrauch gemacht hat.
Nunmehr stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil klar, dass die Bestimmung nicht so zu sehen sei, dass der Wegzugsstaat tatsächlich Gesellschaftssteuer erheben muss, sondern die Befreiung auch dann zur Anwendung kommt, wenn er eine Steuerbefreiung gewährt oder einen Steuersatz von null anwendet. Alleiniges Kriterium für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung ist somit, dass die jeweilige Gesellschaft in beiden betroffenen Mitgliedsstaaten als Kapitalgesellschaft anzusehen ist.
Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten
Obwohl dem aktuellen Erkenntnis des EuGH im Zusammenhang mit der Sitzverlegung nur eingeschränkt Bedeutung zukommt dürften die Ausführungen des EuGH den Ausgang eines weiteren derzeit anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens entscheidend beeinflussen. Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist nämlich eine sehr ähnlich lautende Bestimmung, wonach die Verlegung des Ortes der Geschäftsleitung einer Kapitalgesellschaft aus einem EU-Mitgliedstaat nach Österreich, die grundsätzlich ebenso der Gesellschaftssteuer unterliegt, dann von der Gesellschaftssteuer befreit ist, wenn die Kapitalgesellschaft vor der Verlegung des Orts der Geschäftsleitung nach Österreich im EU-Ausland für die Erhebung der Gesellschaftsteuer als Kapitalgesellschaft angesehen wurde. Die österreichische Finanz hat bisher in solchen Fällen die Anwendung der Befreiungsbestimmung dann verweigert, wenn der ausländische Staat keine Gesellschaftssteuer erhoben hat. Der Ausgang des Verfahrens bleibt daher mit Spannung abzuwarten.
Tipp
Eine (weitere) Gesellschaftssteuerbefreiung sieht das heimische Kapitalverkehrsteuergesetz für den Erwerb von Gesellschaftsrechten oder deren Erhöhung vor, wenn und soweit auf die Kapitalgesellschaft als Gegenleistung das gesamte Vermögen, ein Betrieb oder Teilbetrieb einer anderen Kapitalgesellschaft übertragen und die 10%ige Zuzahlungsgrenze nicht überschritten wird. Wir helfen ihnen in solchen Angelegenheiten gerne weiter.