Der KESt-Abzug bei der Ausschüttung von Gewinnanteilen (Dividenden) einer österreichischen Kapitalgesellschaft (Tochtergesellschaft) an eine ausländische Muttergesellschaft kann unterbleiben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die empfangende Muttergesellschaft ist in Form von Gesellschaftsanteilen unmittelbar zu mindestens 10 % an der ausschüttenden Tochtergesellschaft beteiligt,
- die genannte Beteiligung besteht während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens einem Jahr und
- bei der Muttergesellschaft handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft eines anderen EU-Mitgliedstaates.
Handelt es sich bei der ausländischen Muttergesellschaft um keine EU-Gesellschaft, so kann nur eine Reduzierung auf den im Doppelbesteuerungsabkommen, das für die jeweilige Muttergesellschaft zur Anwendung kommt, vorgesehenen KESt-Satz vorgenommen werden.
Verhinderung von Steuerhinterziehungen
Abweichend von dieser Bestimmung hat ein Abzug der KESt dennoch zu erfolgen, sofern Gründe vorliegen, wegen derer der Finanzminister dies zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen durch Verordnung anordnet. So sollen Dividenden insbesondere dann nicht abzugsfrei oder nur mit dem aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens reduzierten KESt-Satz auszahlbar sein, wenn die ausgeschütteten Dividenden ausländischen Holdinggesellschaften zugehen, welche bloß als passiv tätige Einkünfteempfängergesellschaften fungieren und daher häufig zum Zwecke einer Steuerumgehung eingesetzt werden (“Treaty-shopping“).
In solchen Fällen lässt sich die Entlastung daher lediglich im Wege eines Rückerstattungsverfahrens herbeiführen, da nur auf diese Weise der Finanzbehörde die Möglichkeit einer zeitnahen Prüfung der Entlastungsvoraussetzungen eröffnet wird.
Beweisführung im KESt-Rückerstattungsverfahren
Im Rahmen des Rückerstattungsverfahrens obliegt es der Gesellschaft, die Bedenken der Finanzbehörde zu widerlegen. Neben der Erbringung formeller Nachweise (etwa von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung, Anschrift des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung) muss insbesondere glaubhaft gemacht werden, dass die ausländische Gesellschaft oder eine unmittelbar oder mittelbar dahinterstehende Kapitalgesellschaft operativ tätig ist.
Laut Finanzministerium vermag das Halten einer Komplementärbeteiligung an einer operativ tätigen Personengesellschaft durch die (vermutete) Holdinggesellschaft für sich alleine noch keine ausreichende Gewähr gegen einen steuerumgehenden Gewinntransfer zu bieten. Der Beschäftigung eigener Arbeitskräfte und der Nutzung eigener Räumlichkeiten kommt dagegen eine sehr starke Indizwirkung zu. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob die ausländische Gesellschaft ihre operative Tätigkeit durch selbst eingestellte Dienstnehmer oder durch geleastes Personal ausführt.
Tipp: Für den Fall, dass einer ausländischen Muttergesellschaft in Bezug auf Ausschüttungen einer österreichischen Gesellschaft ein Steuererstattungsantrag positiv erledigt wurde, können der Entlastungsverordnung zufolge innerhalb der nächsten drei Jahre weitere Dividendenausschüttungen durch den jeweiligen Vergütungsschuldner an der Quelle entlastet werden. Dies setzt allerdings voraus, dass sich während dieser Zeit die maßgebenden Verhältnisse nicht wesentlich ändern.
Möglichkeit des Begehrens auf Auskunftserteilung
Für betroffene Gesellschaften besteht alternativ die Möglichkeit, vom zuständigen Finanzamt vorab eine Auskunftserteilung darüber einzuholen, ob im jeweiligen Fall die Rückerstattungsvoraussetzungen vorliegen. In diesem Verfahren werden dann der Abgabenbehörde alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen sein, die auch im „gewöhnlichen“ Rückerstattungsverfahren beizubringen sind, um die Anspruchsvoraussetzungen für eine Steuerentlastung zu beweisen. Die amtliche Kontrolle wird damit der Gewinnausschüttung vorgelagert.
Erfolgt (zeitnah) nach einer positiven finanzamtlichen Auskunftserledigung seitens einer österreichischen Kapitalgesellschaft eine Gewinnausschüttung ohne Einbehaltung der KESt, dann wird in einer solchen Vorgangsweise weder ein Grund für die Festsetzung eines Säumniszuschlages, noch die Begehung einer Finanzordnungswidrigkeit zu sehen sein.
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